Sumpfkalkfarbe verarbeiten ist nicht ganz einfache, wer aber die nachfolgenden Tipps berücksichtigt und sich traut, wird begeistert sein.

Bevor es zur Verarbeitung geht, schauen wir uns diese Kalkfarben aber erst einmal etwas genauer an. Was ist Sumpfkalkfarbe und welche Vorteile ergeben sich dadurch für Sie und Ihr Gebäude?

Was ist Sumpfkalkfarbe?

Sumpfkalkfarbe ist eine mineralische Hochleistungsfarbe, die bereits seit 7.000 Jahren in der Praxis erprobt wurde. Sie ist preiswert, ungiftig, frei von Titandioxid, umweltfreundlich und hat eine einzigartige matte Oberfläche. Bei richtiger Anwendung ist die Farbe wischfest (kreidet nicht) und auch für Fassaden geeignet. Kalkanstriche sind aufgrund der hohen Alkalität (pH-Wert >12) pilztötend und desinfizierend. Sie sind hoch diffusionsoffen, lassen einen ungehinderten Wasserdampf-Austausch zu.

Der Name dieser Kalkfarbe leitet sich aus dem Grundstoff Sumpfkalk ab. Sumpfkalk ist gebrannter Kalkstein (Calciumoxid), der mit einem Überschuss an Wasser abgelöscht und eingesumpft wird.

Kalkstein wird bei einer Temperatur von 800° C bis 900° C solange gebrannt, bis das enthaltene Kohlendioxid entweichen konnte. Das so entstandene Produkt heißt Stückkalk.

Der Stückkalk wird, nachdem er abgekühlt ist, mit der 2,7-fachen Menge an Wasser gelöscht, wodurch er zerfällt und mit dem überschüssigen Wasser zu einem pastösen Brei, zu Sumpfkalk wird. Frostsicher gelagert wird der so entstandenen Sumpfkalk mit jedem Monat feiner und hochwertiger und auch teurer.

∇ Hinweis: Beim Löschen von Stückkalk kommt es zu Temperaturen von bis zu 220 ° C. Daher bei selbstlöschen auf geeignete Behältnisse und Schutzausrüstung achten.

Warum Sumpfkalkfarbe?

Na, weil es das neben bio und vegan der neuste Trend auf dem Markt ist!

Nein, Spaß beiseite. Es gibt tatsächlich gute Gründe, warum Sie sich für eine Sumpfkalkfarbe entscheiden sollten. Eine hochwertige Sumpfkalkfarbe einhält keine Schadstoffe, die ausgasen können, es ist kein Titandioxid enthalten und sie wird aus natürlichen Rohstoffen hergestellt. Darüber hinaus verringert die hohe Alkakität der Kalkfarbe das Schimmelrisiko erheblich.

Wenn Ihnen gesund Wohnen und Umweltschutz wichtig ist, ist eine Sumpfkalkfarbe das richtige Produkt für Sie.

Kurz gesagt: Wenn Sie auf der Suche nach einer langlebigen und wohngesunden Farbe sind, sollten Sie unbedingt Sumpfkalkfarbe in Betracht ziehen. Die Alternative wäre eine abdichtende Dispersionsfarbe mit allergieauslösenden Konservierungsmitteln und Titandioxid.

Der perfekte Untergrund

Der richtig vorbereitete Untergrund ist ein wichtiger Faktor um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Denn Sumpfkalkfarbe benötigt einen mineralischen, saugfähigen Untergrund um gut zu haften und die volle Wirkung entfalten zu können.

Der Untergrund muss die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

Er muss ausreichend saugfähig, fest, gleichmäßig strukturiert, sowie frei von durchschlagenden und färbenden Inhaltsstoffen, Staub und Trennmitteln sein. Ideal sind Kalkputze. Tapetenkleisterrückstände, Tapeten und Altanstriche wie z.B. Dispersionsfarben, Latexfarben oder andere filmbildenden Farben, müssen restlos entfernt werden. Leimfarben müssen gründlich abgewaschen werden. Alte, nicht tragfähige Kalkanstriche werden vorsichtig abgekratzt. Tragefähige Kalkaltanstriche werden leicht angeschliffen und entstaubt und können dann in der Regel direkt mit Sumpfkalkfarbe beschichtet werden.

Kalk-Zementputze, Zementputze und gipshaltige Untergründe (Gipsputz und Gipsplatten) müssen mit einer geeigneten Grundierung vorgrundiert werden. Nicht saugende Untergründe wie Beton (frei von Trennmitteln) müssen mit Kalk-Haftputz abgespachtelt werden.

Unterschiedlich saugende oder strukturierte Untergründe führen zu unterschiedlichen Glanzgraden, was bei abgetönter Sumpfkalkfarbe noch verstärkt wird. Untergründe auf denen sich durchschlagende Stoffe abgesetzt haben, müssen gründlich geschliffen oder mit Sperrgrund grundiert werden.

Kalkanstriche werden am besten bei möglichst feuchter Witterung aufgebracht. Die Luft- und Untergrundtemperatur sollte bei über +7° C und unter 23° C liegen. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte unter 70% liegen. Zu hohe Luftfeuchtigkeit und zu tiefe Temperaturen können zu einer oberflächlichen Versinterungen und somit zu Glanzstellen führen.

Ungeeignete Untergründe sind ölhaltige oder kreidende Altanstriche.

Neben der Vorbereitung des Untergrunds ist es wichtig, Bauteile, die nicht gestrichen werden, abzudecken und abzukleben. Kalk ist stark ätzend und sorgt selbst auf Glasscheiben für Schäden.

Was für Fenster, Böden, Türen usw. gilt, sollten Sie für sich auch berücksichtigen. Schützen Sie Ihre Augen und Haut mit einer entsprechenden Schutzausrüstung.

Sumpfkalkfarbe verarbeiten

Bevor es mit der Verarbeitung losgeht, muss die Farbe vorbereitet werden. Egal ob im Eimer als fertige Farbe gekauft oder selbst angesetzt und eingesumpft. Die Kalkfarbe wird erst einmal klumpenfrei aufgerührt und je nach Konsistenz mit sauberem Wasser streichfähig verdünnt. Je nach Einsumpfzeit (je älter desto feiner) und zu beschichtender Oberfläche kann es ratsam sein die Sumpfkalkfarbe vor der Verarbeitung durchzusieben.

Wenn die Farbe abgetönt werden soll, eignen sich hierfür kalkechte Pigmente. Diese werden in einem Gefäß mit kaltem, sauberen Wasser angeteigt und erst nach 6 – 8 Stunden Einsumpfzeit der Sumpfkalkfarbe beigemischt. Die Pigmentzugabe sollte maximal 10% des Gesamtvolumens (Herstellerangaben beachten) betragen.

Unser Tipp: Nach dem Beimischen der Pigmente, die Kalkfarbe gut aufrühren und über Nacht stehen lassen. 

Die Kalkfarbe wird in mehreren dünnen Lagen mit einer Kalkbürste im Kreuzgang aufgetragen. Jede Lage sollte langsam trocknen und erst nach ca. 24 Stunden überstrichen werden. Der Untergrund muss vor jeder Lage angefeuchtet werden. Bei zu schnellem Trocknen der Farblagen (innerhalb von weniger als 30-45 Min.), sollte mit einer Pumpsprühflasche ein feiner Wassernebel aufgesprüht werden.

Nach dem Vornässen warten bis der Untergrund matt ist. Wenn die Kalkfarbe auf den noch feucht glänzenden Untergrund aufgebracht wird, können unerwünschten Glanzstellen entstehen.

Die Farbe kann auch freskal, also auf den noch feuchten Kalkputz aufgebracht werden. Die Feuchtigkeit im Putz begünstigt die Verarbeitung und Haltbarkeit des Kalkanstriches. Freskal aufgebrachte Sumpfkalkfarbe verbindet sich untrennbar mit dem Untergrund.

∇ Unser Tipp: Die Kalkfarbe bei der Verarbeitung immer wieder mal durchrühren.

Das Verarbeiten der Sumpfkalkfarbe unterscheidet sich erheblich von einem Anstrich mit Dispersionsfarbe. Dass Kalkfarben mit der Kalkbürste aufgebracht werden, habe ich schon erwähnt. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist aber die Deckkraft. Kalkfarben sind bei der Verarbeitung nahezu transparent. Erst wenn die Farbe trocken ist, entfaltet sie ihre Deckkraft. Daher neigt man bei der Verarbeitung dazu, die Farbe zu dick aufzustreichen. Was aber zu einer kreidenden Oberfläche und einem unschönen Streichbild führt.

∇ Unser Tipp:  Wenn beim Streichen Pinselstriche zu sehen sind, wird zu dick gestrichen. Besser ist es die Farbe in mehreren Lagen dünn aufzubringen.

Die Verarbeitung ist im Vergleich zu Dispersionsfarben und Co sicher etwas aufwändiger, jedoch wird Lebendigkeit und Leuchtkraft eines Kalkanstrichs von keiner anderen Farbe erreicht.

Sumpfkalk selbst herstellen

Wer Geld sparen möchte oder einfach nur Lust auf Selbermachen hat, kann Sumpfkalkfarbe auch selbst herstellen. Der Aufwand ist relativ gering, der Erlebnisfaktor aber sehr hoch.

Für die Herstellung wird ein sauberes Regenfass (hitzebeständig), sauberes Wasser und ungelöschter Weißfeinkalk CL 90 Q oder Stückkalk benötigt. Weil Stückkalk nicht so einfach zu bekommen ist, empfehle ich Weißfeinkalk z.B. von Gräfix oder Dyckerhoff.

∇ Unser Tipp: Darauf achten, ungelöschten Weißfeinkalk zu kaufen. Es gibt Weißfeinkalk CL 90 S, der bereits gelöscht wurde und für die Putz- und Mörtelherstellung verwendet wird.

Pro Sack wird die ca. 2,7-fache Menge an sauberem Wasser in die Regentonne gegeben und dann das Kalkpulver eingestreut. Dabei Handschuhe, Atemschutzmaske und Schutzbrille nicht vergessen. Beim Einfüllen langsam vorgehen.

Aufgrund der hohen Hitzentwicklung das Gemisch durchrühren, da sich sonst Hitzenester bilden können. Bei Bedarf noch Wasser zugeben. Der Sumpfkalk sollte gut mit Wasser bedeckt sein.

∇ Hinweis: Die Angaben im Produktdatenblatt des Herstellers haben Vorrang. Geben Sie nicht zu viel Weißfeinkalk in zu wenig Wasser!

Mögliche Zusätze

Wer selbst Sumpfkalkfarbe herstellt, kann diese durch Zusätze optimieren um z.B. die Abriebfestigkeit zu erhöhen oder die Verarbeitung zu erleichtern.

Kasein: (oder Casein) Wird beigemischt um die Haftung zu erhöhen.

Kasein ist ein Protein in Milchprodukten und kann mittlerweile auch rein pflanzlich hergestellt werden. Durch das Aufschließen mit Alkalien wie z.B. gelöschtem Kalk entsteht Kaseinleim, ein natürlicher Kleber und kräftiges Bindemittel.

Um Kasein selbst herzustellen werden 250 g Magerquark und ca. 100 g pastösen Sumpfkalk zu einer geleeartigen, glasig aussehenden Masse gerührt. Davon werden 3% bis höchstens 5% der Sumpfkalkfarbe beigemischt und gut verrührt. Der Nachteil dabei, die Farbe ist nur noch begrenzt lagerfähig. Zudem vermindert die Zugabe von Kasein die Einsatzfähigkeit der Farbe in Feuchträumen.

 

Leinöl: Wird aus Flachssamen gewonnen, wird beigemischt um die Streichfähigkeit zu verbessern und um die Wischfestigkeit zu erhöhen.

Auf 10 Liter Sumpfkalk werden 2 bis 3 Esslöffel Leinöl zugegeben und eingerührt. Das Leinöl in den dicken Kalkteig geben und erst danach mit Wasser streichfähig einstellen.

Bei frischen Kalkputzen oder fraktaler Anwendung sollte Leinöl nicht im ersten Anstrich verwendet werden.

Das richtige Streichwerkzeug

Abschließend sollten wir uns auch noch kurz mit dem richtigen Streichwerkzeug befassen. Egal wie gut der Untergrund vorbereitet oder die Kalkfarbe ist, nur mit dem richtigen Werkzeug gelingt der Anstrich.

Hochwertige Kalkbürsten sind aus massivem Holz oder Kunststoff und haben langfasrige Borsten. Bei den Borsten handelt es sich um Naturborsten oder Fibrefasern, die in einem guten Verhältnis zur Bürstengröße stehen sollten. Je größer die Bürste desto länger die Borsten. Ein guter Mittelwert für die Borstenlänge ist 80 mm.

Bei der Kalkbürste sollten Sie nicht auf den Preis, sondern auf die Borstenqualität achten. Nur Borsten von hoher Qualität nehmen genügend Farbe auf und erleichtern somit die Verarbeitung. Ob Sie sich für eine ovale oder rechteckige Bürste entscheiden, spielt dabei keine Rolle.

Neben der Kalkbürste sollten Sie sich noch einen Flächenstreicher in einer Größe von ca. 70×30 mm zulegen. Damit beschneiden Sie die Übergänge zu anderen Bauteilen.

Wenn Sie noch Fragen zur Verarbeitung von Sumpfkalkfarben haben, nutzen Sie die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag oder schreiben Sie eine Mail an: info@naturlich-kalk.de

Nachhaltige Grüße aus Marktbreit

Gerold Engist und das Team von NATÜRLICH KALK®